Wolkenmeer

24.8: Alagna

Nach kurzem Espresso verabschiede ich mich morgens mit einem „Mille Grazie“ von Maria und Alberto und dem Lago d’Orta

Über den Passo del Colma vernichte ich bis mittags 700hm und einige Kilometer bis ich Varallo erreiche. Der Bus nimmt dort allerdings keine Bikes mit. Wieder solle ich laut den Maestros mich nicht so anstellen und die 40km nach Alagna hochtreten.

Meine Motivation wird auch nach einer ausgeprägten Verpflegungsrast nicht besser. Ich beschließe es per Autostop zu versuchen. Dabei habe ich voerst kein Glück. Die wenigen Autos, die groß genug für mich und Bike wären, winken ab.

14.30 Uhr gebe ich mir als Deadline – wenn bis dahin niemand anhält gehts eben nicht über Alagna, sondern mit Zug direkt nach Valtournenche-Cervinia. 30 Sekunden vor der Deadline packe ich meine Sachen, hebe aber noch einmal den Daumen. Plötzlich bremst es hinter mir stark. Manuel, ein „Almbewirtschafter“ um die 35 Jahre alt, nimmt mich in seinem Arbeitsgefährt, ein leicht in die Jahre gekommener Jeep, mit.

Oberkörperfrei, mit dicker schwarzer Ray Ban Sonnenbrille öffnet er mit einem beherzten Tritt an die Stoßstange die Heckklappe. Schnell rein das Bike und der Radler. Etwa 40 Minuten Reifenquitschen später wieder ein Tritt gegen die Stoßstange, Bike raus aus dem Auto. Thanks for the Ride, Manuel. Ich überlasse ihm mein deutsches Hopfengetränk als Wegzehrung und hüpfe gleich rein in die Gondel auf den Passo Salati auf knapp 3000 Metern.

Zu meiner rechten Seite erhebt sich hier das imposante Monte Rosa Massiv – zumindest theoretisch. Heute verhüllt leider eine dicke Wolkenwand jeglich Fernsicht. Teilweise sehe ich keine 10 Meter weit, so dicht sind die durchziehenden Wolkenfelder.

Vom Passo Salati rolle ich langsam bergab durch die Nebel- und Steinwüste. Ich fühle mich leicht unwohl hier. Sicht bis zum letzten Noppen des Vorderrads, bedrückende Luftfeuchte und sonst nur glitschige Steinwüste unter mir. Nach 2 Minuten komme ich zu zwei Refugios. Das Refugio Gugliemina strahlt in hellem orange und ist privat bewirtschaftet. Übernachtung mit Halppension kostet hier 50.-. Ich frage den Chef ob es nicht etwas billiger gehe, mit Matratzenlager vielleicht. Der Maestro zeigt mit ausgestrecktem Arm leicht nach links, hier in 15 Metern sei eine Alpenvereinshütte.

Ich glaube ihm mal, und siehe da, kurz bevor ich dagegenfahre, sehe ich 5 Meter vor mir eine betagte aber urige CAI Hütte Vige Vano.

Schon beim einchecken merke ich, dass hier, mitten im Skigebiet nicht gerade volles Haus herrscht. So sitze ich dann zwei Stunden später nur mit den Hüttenwirten Matteo und Alberto am Abendtisch. Kein weiterer Gast verirrt sich heute hierhin.

Zum Dinner gibt es Bruschetta, Pasta, Schnitzel mit Käse, Speck, und Schokokuchen. Den vollmundigen Rotwein aus dem Piemonte und den Grappa „Liquirizia“ lasse ich bei kurzen Wolkenfenster mit wahnsinns Aussicht auf das Monte Rosa Massiv und das unter uns liegende Wolkenmeer schmecken. Auch ein Steinbock zeigt sich nur wenige Meter von der Hütte entfernt.

~ von romarius - 26. August 2009.

Eine Antwort to “Wolkenmeer”

  1. […] Wolkenmeer […]

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